Anne Galle

Prosa in Anthologien

Theo, laß das! Geschichten von Kindern, Rentnern und Nachbarn
Gretel Rieber (Hg.)
Kevelaer 1995
ISBN: 3-7666-9943-1
"Meine Generation"
Textauszug

Wir sind die, die im Zweiten Weltkrieg noch Kinder waren, vier, fünf, sechs oder sieben Jahre alt. Da waren viele Flugzeuge am Himmel, mehr als Autos in unserem Dorf. Wir unterschieden an den Geräuschen der Flugzeuge und an den Umrissen, ob sie eine Bombe im Bauch hatten oder Aufklärer oder nur Postflugzeuge waren. Oft guckten wir zum Himmel. Mein Bruder, zwei Jahre älter als ich, hatte am meisten Respekt vor den Aufklärern. Die Postflugzeuge könnten die Fedpost bringen, da wäre Mutter wieder einmal froh. Vor den Bombern und den Tieffliegern hatten wir Angst.

Einmal hatten Tiefflieger einen Bauern beim Pflügen zerfetzt. Mutter übte mit den Schülern die Beerdigungslieder. Das ganze Dorf hatte Angst, dass bei der Beerdigung wieder ein Angriff erfolgen könnte.

Oft saßen wir Tage und Nächte im Keller, die Luken mit schweren Decken verhängt. Die Erwachsenen auf Stühlen, auch in der Nacht, sie redeten nur leise. Das halbe Dorf in unserem Keller. Wir Kinder schliefen auf Holzpritschen, drei Etagen übereinander.

Eine kleine Puppe aus Stoffresten liegt neben mir, die ist weich...